Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen
Sie …. sich selbst. Kaum jemand wird dir widersprechen, wenn du
sagst, es gibt nicht viel wichtigeres als zu wissen, wer du bist, was
du willst, wo deine Stärken und Schwächen liegen und wie
lebenswichtig es ist, mit sich selbst im Reinen zu sein.
Wie man soweit kommt, ist eine ganz
andere Frage und da gibt es so viele Antworten wie Menschen, obwohl
man auch hier breite Zustimmung finden wird bei der Behauptung,
Alleinsein ist einer der besten Wege. Eine Behauptung der ich aus
persönlicher Erfahrung und aus den Beobachtungen in meiner Umgebung
zustimme.
Ich habe einige Zeit allein gelebt und
dabei mehr über mich gelernt als in vielen Jahren Beziehung. Das
meiste davon hat mir gefallen, aber nicht alles. Ich habe Stärken
und Schwächen in mir gefunden, die mich erstaunt haben. Einiges
davon hat sich geändert, seit ich Frau und Kind habe. Einige Stärken
sind verschwunden, einige Schwächen wurden ausgeglichen.
Ich ziehe mich seit Monaten immer
wieder für ein paar Tage zum Schreiben zurück. In eine Wohnung, in
der ich allein bin, in einer Stadt, in der ich nicht lebe. Ohne
Internet, ohne Fernseher, ohne Radion, einmal sogar ohne Handy. Bei mir sind der
Laptop, Musik und die Textverarbeitung.
Während dieser Zeit der Einsamkeit
verbringe ich täglich rund 10-14 Stunden damit, in die Tasten zu
hämmern, auf den Bildschirm oder ins Leere zu starren. Ganz alleine.
So viel wie in dieser Zeit bringe ich beim Schreiben sonst nicht
weiter, das liegt in der Natur der Sache.
Die Kombination aus Einsamkeit und
Schreibarbeit hat dieselbe Wirkung wie das Leben alleine. Ich
entdecke Bereiche in mir, die ich nicht kannte oder nicht bewusst
wahrgenommen habe. Ich verstehe einiges besser. Und wie immer bei
solchen Dingen, nicht alles davon ist angenehm, einiges ist
irritierend. Aber auch das Unangenehme hat einen Vorteil – ich weiß
darüber Bescheid. Das ist zumindest ein Anfang und gibt mir einen
Spielraum, in dem ich versuchen kann … komm auf die dunkle Seite
der … ach, Quatsch.
Yoga, Meditation, eine Schweigewoche im
Kloster, alleine leben, oder allein schreiben gehen. Egal wie, Mensch
braucht immer wieder Zeit mit sich, um das Ich zu ergründen.
Manchmal reichen Stunden, dann wieder braucht man Tage, Wochen,
Monate. Selbst wenn es Jahre dauert, das ergründen des Ich ist eine
wichtige und notwendige Sache.
Bin ich glücklich? Lebe ich in der
richtigen Beziehung? Habe ich die richtige Position in meiner
Beziehung? Klammere ich mich rein aus Angst vor dem Alleinsein an
meinen Partner, obwohl ich weiß, er tut mir nicht gut? Werde ich
dabei gestärkt, oder zielt mein Partner auf meine Schwächen, um
mich zu dominieren – aus seiner eigenen Schwäche heraus, um sich
selbst besser zu fühlen?
Habe ich den Beruf, der mich glücklich
macht? Weiß ich, was ich mit meinem Leben anfangen will? Wie gut
kann ich es verkraften, wenn meine Wünsche nicht aufgehen? Was
erwarte ich mir eigentlich von einer Beziehung? Habe ich wenigstens
ein, zwei Freunde, denen ich mein Ich bedingungslos anvertrauen kann?
Kann ich meinen Gefühlen Ausdruck verleihen? Weiß ich, wie man
konstruktiv streitet? Warum bin ich so verletzlich?
Wenn ich all das weiß, dann geht es
mir besser, dann kann ich eine bessere Beziehung führen. Lebe ich
allein, dann werde ich instinktiv den Moment finden, ab dem ich
bereit bin, mich (wieder) auf ein Leben zu zweit oder mehr
einzulassen (und auf die dafür notwendigen Kompromisse). Ein Leben
allein ist keine Sache, vor der man sich fürchten braucht.
Und so weiter, und so weiter. Klingt
wie eine Sammlung von Klischees – ist es auch. Das Blöde daran ist
bloß, diese Klischees (zu finden in vielen handelsüblichen
Psychologiebüchern, Beziehungsratgebern, Selbstfindungsbüchern)
sind ein beträchtlicher Teil dessen, die das Ich ausmachen und
bestimmen. Klischees gibt es nicht ohne Grund, es steckt in allen ein
wahrer Kern.
Politik verdirbt den Charakter,
Konzerne beherrschen die Welt, die Kluft zwischen Arm und Reich wird
immer größer, wir verlieren immer mehr Rechte, wir werden immer
enger überwacht. Klischees. Wahrheiten. Untrennbar miteinander
verbunden. Sogar dieser Blogeintrag ist ein Klischee.
Wo war ich? Ach ja. Also, Einsamkeit
und Schreiben, zwei Werkzeuge, das Selbst zu ergründen. Das
beantwortet auch die Frage von Millionen Lesern an tausende Autoren,
wie viel von den Schreibern in ihren Texten steckt. Ganz einfach:
Manchmal das Unterbewusstsein, manchmal Vorlieben und Abneigungen,
manchmal gar nichts, weil der Text pure Berechnung ist, aber selbst
das ist Teil des Schreibers, seines Ich. Ob er es ergründet hat oder
nicht.
Hm, worauf wollte ich hinaus? Ah ja,
auf die Wichtigkeit der Selbsterkenntnis. Ob mir gefällt, was ich in
mir finde oder nicht spielt keine Rolle, ich muss es wissen und damit
umgehen können, damit ins Reine kommen, mich selbst akzeptieren wie
ich bin. Nur dann wird es mir gelingen, ein zufriedenes Leben zu
führen. Und das ist, so egoistisch es klingen mag, das um und auf.
Ich muss mit meinem Leben zufrieden sein. Egal, in welcher Form ich
es führe. Denn ich habe nur dieses eine Leben, nach dem Tod ist es
vorbei.
Schnitzler, die alte Schweinebacke,
hatte mit seinem weitem Land Recht. Das Ich, die Seele, das ist ein
weites Land. Und wenn ich nicht weiß, wo sich was darin befindet,
verirre ich mich. Manche Orte suche ich öfter auf, andere selten.
Finde ich blinde Flecken, versuche ich zu ergründen, was darin
verborgen liegt, welche Wünsche, welche Sehnsüchte sich dort
verbergen. Mag mir nicht gleich gelingen, aber ich weiß, die Flecken
sind da. Vielleicht habe ich noch gar nicht alle Flecken gefunden,
das macht nichts, Hauptsache ich weiß, sie sind da und ich werde
sie, irgendwann, finden.
Ich ziehe mich zum Schreiben in die
Einsamkeit zurück. Ich finde Dinge in mir. Eine Erkenntnis, ein
Selbstverständnis, manchmal auch nur Unsinn. Aber ich bin froh
darüber. Es hilft mir, mich selbst zu verstehen, denn das ist
schwierig. Vieles von dem, was ich finde, gefällt mir. Aber nicht
alles.
Ich habe den Eindruck, etwas Wirrnis
verbreitet zu haben. Ich bin mir nicht sicher, worauf ich
hinauswollte. Nach sortierten Gedanken sieht das Ganze nicht aus.
Ehrlich, warum habe ich diesen
Blogeintrag jetzt geschrieben?