Sonntag, 30. Juni 2013

Juni-Rezensionen

Diesen Juni sind es gerade mal 4 Rezensionen geworden. Zum einen bin ich gerade mit vielen Dingen beschäftigt, zum anderen lese ich - immer noch - im zweiten Band (die englische Originalausgabe) von George R. R. Martin - The Song of Ice and Fire aka Game of Thrones. Und das Monsterwerk braucht seine Zeit und verschlingt Lesekapazitäten - aber es ist verdammt großartige Lektüre.

Der Juni hat mir also vier Bücher beschert, von denen ich drei rundum genossen habe und das vierte nach einer anfänglichen Irritation ebenfalls als lesenswert einstufe:

  • John Everson - Ligeia: -> hier. Sehr geiles, überaus befriedigendes Buch. Meerjungfrauensplatter, sollte man nicht meinen, dass das rockt.
  • Bryan Smith - Herrin des Blutes: -> hier. Ebenfalls ein geiles Buch, mehr als ausgezeichnete Fortsetzung von Haus des Blutes -> hier. Großartiger Hexenhorror mit bombatischem Ende.
  • Brian Keene: Eine Versammlung von Krähen: -> hier. Auch dieses Buch hat mir wirklich gut gefallen, Brian Keene kann wirklich schräge Geschichten erzählen.
  • Jack Ketchum: Versteckt -> hier. Nach einer anfänglichen Irritation über den Stil des Buches bin ich ihm schnell verfallen. Beeindruckendes Nachwort.

Und wie ich in der Rezension von Ketchum schon erwähnt habe - dass Jack Ketchum der Babysitter von Lady Gaga war, das finde ich einfach nur witzig. Und ich freue mich wieder einmal darüber, dass ich die richtigen Bücher ausgewählt habe - kein Titel dabei, der mir missfallen hätte. Das wäre schade, weil ich nur ungern Bücher aufgebe, weil sie mir nicht gefallen. Aber meistens klappt es.

Montag, 24. Juni 2013

Man of Steel

Fangen wir so an: Eigentlich mag ich Superhelden nicht sooo gern. Superman mag ich von allen am Wenigsten. Dieser unverwundbare, amerikanisch-patriotische, politisch korrekte, konservativ-spießige, selbstgerechte Stretchanzugträger ist mir sogar überaus unsympathisch.

Ich mag Batman. Der ist zwar auch eine Art Superheld, aber er ist nicht unverwundbar. Er blutet. Er ist - will man eine Comicfigur so seriös betrachten, wie es Christopher Nolan in seinen Batman-Filmen getan hat - eigentlich geistesgestört. Er wendet die selben, oft brachialen und brutalen Methoden an wie die Leute, die er jagt. Er hat Sex und lustige technische Spielsachen. Und einen genialen Butler. Batman ist cool. 

Man of Steel ist eine Art Super-Bat-Man. Ein riesiges Science Fiction Epos, das sich als Kammerspiel tarnt. Dieser Superman hier ist zwar auch auf seine Art ein selbstgerechter Spießer, aber er zweifelt auch an sich. Er greift, wenn auch widerwillig, zu einem schmutzigen Trick, springt über seinen Schatten. Verzweifelt daran.

Man of Steel ist großartiger Bombast, der optisch überaus eindrucksvoll vorführt, was die Effekttechnik heute leisten kann und wie man alles tadellos in 3D umsetzt. Mit Christopher Nolan als Produzent und Co-Autor, mit David Goyer, der schon die Batman-Filme für Nolan geschrieben hat, als Co-Autor und Zack Snyder als Regisseur, der Bombast und Optik schon immer fest in Händen gehalten hat - siehe 300, Watchmen, Sucker Punch (ja, ich mag den Film!) - wird aus einer schlichten Comicfigur ein brauchbarer Charakter.

Henry Cavill ist ein ganz brauchbarer Superman, er zeigt nicht zu viel Regung, nicht zu wenig Emotionen, es passt. Cavill ist (Die Tudors habe ich nicht gesehen) ein halbwegs passabler Darsteller, der mehr durch seinen Körper und sein kantiges Gesicht glänzt als durch Charisma - das war schon bei Immortals so, wo er von einem absurden Mickey Rourke an die Wand gespielt wurde.

Russel Crowe als Jor-El macht gute Figur - er wird auch schon langsam so rundlich wie Marlon Brando, Kevin Costner hat immer noch den spitzbübischen Charme, auch wenn der Kerl nächstes Jahr 60 wird - heilige Scheiße. Laurence Fishburne sieht aus, als würde er bald zerplatzen und Diane Lane tritt - und das schockiert ein wenig, wenn man frühe Filme mit ihr in Erinnerung hat - als Martha Kent in Erscheinung. Diane Lane als ältere Frau, wow, die Zeit vergeht.

Na gut. Man of Steel ist ein großartiger Film. Er macht Spaß. Er hat Schauwerte ohne Ende. Er beginnt mit Vollgas und liefert Kämpfe, die in ihrer Absurdität einfach nur wunderbar bombastisch sind. Der Film hat eine satte Portion Science Fiction im Gepäck - ich würde gern viel, viel mehr von diesem hier präsentierten Krypton sehen, das hat Potential für aufregenden Stoff.

Die Geschichte ist düster und eigentlich ziemlich brutal. Fast schon ein Königsdrama wie bei Shakespeare.

Superman bemüht sich um Tiefsinnigkeit und für einen Superhelden-Film gelingt es ihm auch recht gut, intelligent zu erscheinen. Michael Shannon als General Zod ist alles andere als ein eindimensionaler Böser, er hat eine Mission zu erfüllen, eine Aufgabe und das tut er in aller Konsequenz, sehr wohl wissend, dass seine Handlungen zum Teil grausam sind.

Die Musik von Hans Zimmer ist monumental und eindrucksvoll - donnert geradezu über seine ohnehin auch mächtigen Batman-Soundtracks hinweg. Die Biografie von Kal-El wird in mehreren Sprüngen durch Zeit und Raum erzählt und das hält den Stoff lebendig und macht die Sache spannend. Regisseur Zack Snyder beherrscht sein Handwerk.

Die Figur von Superman wird, betrachtet man sie etwas eingehender, eigentlich nur dadurch interessant, dass sie weniger Charisma besitzt als alle Charaktere ringsum. Superman ist der Dreh-und Angelpunkt für eine ganze Reihe interessanter Personen, die sich um den kostümierten Kerl drehen, dessen Anzug diesmal eindeutig cool wirkt.

Sehr witzig sind im übrigen zwei winzige Details: Zum einen kann man in einer kurzen Szene den Schriftzug "Wayne Enterprise" erspähen, was bekanntlich Bruce Wayne aka Batman bedeutet. Zum anderen taucht auch kurz der Schriftzug "Lex Corp" auf - was auf Lex Luthor hinweist, einen der besten Gegenspieler von Superman. Ob aus diesem kleinen Witz im nächsten Film mehr wird, weiß jetzt vermutlich noch niemand.

Kurz und gut, Man of Steel ist ein großartig unterhaltsamer, bombastischer Film, der zu keiner Minute seiner monströsen Länge fad oder langatmig wird. Er bietet massig Schauwerte und einen kongenialen Soundtrack und macht die Figur Superman interessanter, als sie von ihren Ursprüngen her ist.







Der große Gatsby

Gatsby ist der erste 3D Film, bei dem mir das 3D Kopfschmerzen verursacht hat. Gatsby ist ein Talk-Movie. Viele mehr oder weniger attraktive Menschen bewegen sich gemächlich durch mehr oder weniger hübsche Kulissen und reden mehr oder weniger belanglosen Schrott. Dafür braucht es absolut kein 3D und Gatsby führt eindrucksvoll vor, wie man 3D vollkommen sinnlos, falsch und störend einsetzt. 140 quälende Mintuen lang.

Grundlegend ist es mit dem Film so, dass ein relativ kurzer und konzentrierter Roman, ein moderner Klassiker der Weltliteratur - Der große Gatsby von F. Scott Fitzgerald - in einen überlangen, pompösen, langweiligen und banalen Film verwandelt wurde. Es ist mir die ganze Zeit über ehrlich gesagt scheißegal gewesen, was mit den einzelnen Protagonisten geschieht, was sie reden, was sie bewegt.

Gatsby ist ein sinnloser, hübscher Film mit ein paar künstlerischen Gags, die Buz Luhrmann, der Regisseur, seit wenigsten zwanzig Jahren in immer derselben Form präsentiert. Siehe Romeo und Julia mit Leonardo DiCaprio, siehe Moulin Rouge. Ähnliche Bildgestaltung, ähnlicher Einsatz von Musik, ähnliche Degradierung (zur Belanglosigkeit) von Stoffen mit großem dramatischen Potential als Aufhänger für hübsche Bilder.

Der große Gatsby in dieser Verfilmung ist ein Schnarchnasenfilm. Sehr schön, aber unendlich öde und erweckte in mir zwischendurch mehr als einmal die Lust, Tobey Maguire das blöde Grinsen aus dem Gesicht zu wischen. Zumindest in dem Film hat er keinen anderen Gesichtsausdruck, selbst wenn es in einzelnen Momenten noch so fehl am Platz ist, dieses dämliche Grinsen.

Die ohnehin sehr ausgedünnte, banalisierte Geschichte wird durch das 3D noch weiter in den Hintergrund gerückt, weil die Optik die Kontrolle übernommen hat und sich stolz präsentiert. Wirklich wunderschön, da gibt es nichts zu meckern daran, aber herrje, ein wenig mehr vom Drama wäre ganz nett gewesen. Aber nein, weil das 3D so schick ist, pissen wir selbst in der belanglosesten Szene eine dritte Dimension über das Bild, schwenken dazwischen immer wieder bedeutungsschwer über eine Plakatwand, die mehr an George Orwell als an sonstwas erinnert und lassen den durchaus fähigen Cast in kitschig-kühlen Bildern erstarren, unfähig, irgendeine Emotion zu wecken.

Es hat schon seinen Grund, warum 3D für Actionszenen tauglich ist, für rasante, schnelle Szenen, in denen viel passiert und sich viele Dinge in alle möglichen Richtungen bewegen. In diesem Momenten kann man als Zuseher sein Bewusstsein abdrehen und sich einfach auf das konzentrieren, was man sieht.

Wenn ich mich aber auf Dialog, Mimik, Körpersprache und Details konzentriere, um einer dramatischen Szenen zu folgen, um das Drama in mich aufzunehmen, dann ist 3D wohl die größte nur vorstellbare Störung. Genau diesen Störeffekt führt uns Regisseur Luhrmann gekonnt vor. Über die ganze Filmlänge. Bravo.

Man stelle sich vor, The Straight Story (dieser wunderbare David Lynch Film über den alten Mann, der mit dem Rasenmäher durch zwei US-Bundesstaaten reist, um seinen kranken Bruder zu besuchen), wäre in 3D gedreht worden. Sinnlos. In ganz normalem 2D sehen wir einen Film, in dem noch weniger passiert, noch weniger Drama vor sich geht als in Gatsby. 

Wir verfolgen zwei Stunden lang einen alten Mann, der auf seinem Rasenmäher über die Straßen tuckert, da und dort kampiert, Leuten begegnet, mit ihnen redet, seinen Erinnerungen nachhängt - und diese nur erzählt! Nichtmal das wird uns in Bildern präsentiert, sondern nur in Worten. Und trotzdem - The Straight Story ist der weit bewegendere, ergreifendere, schöner anzusehende, spannendere, packendere Streifen. Er konzentriert sich einfach auf die Geschichte. Punkt.

Gatsby hingegen konzentriert sich rein auf seine Schauwerte. Hier geht Fassade vor Inhalt. Kennt man das Buch nicht, stellt man sich nach Betrachtung des Films die Frage, wie so ein bedeutungsloser, oberflächlicher Scheiß von einem langweiligen Buch auch nur im Ansatz Weltliteratur sein kann. Gatsby als Film zeigt mir nichts von Menschlichkeite, nichts von Schwächen und Stärken, nichts davon, wie Handlungen eines Einzelnen das Leben Dutzender bewegen kann. Oh, ein klein wenig geht es um Kapitalismus, der eher positiv gesehen wird. Dieser Moment der Tiefsinnigkeit - wenn man das mal sehr vorsichtig so ausdrücken will - dauert einige wenige Augenblicke lang. Tja. Aber sonst ist da nichts außer schönen Bildern.

Der große Gatsby ist ein hohler Film, der eindrucksvoll zeigt, wie sinnlos 3D zum Einsatz gebracht werden kann. Hm, das ist ja eigentlich auch nicht schlecht. Nur das wollte ich eigentlich nicht sehen.

Mittwoch, 19. Juni 2013

Horror-Legionen

Horror-Legionen - Der Almanach deutscher Horror- und Mystery-Autoren
Herausgeber: Dr. Nachtstrom; ca. 440 Seiten Taschenbuch; Amrûn Verlag Jürgen Eglseer; Das Buch kann ab sofort vorbestellt werden, Auslieferung erfolgt Ende Juni / Anfang Juli.

Und warum mache ich gerade Werbung für dieses Buch? Tja, weil ich einer der beteiligten Autoren bin. Darum, ganz einfach. Eigeninteresse. Werbung für meine Autorenschaft. Weil ich die Tantiemen brauchen kann (ha ha ha, bei einer Anthologie fällt ja auch so viel ab, prust). Und natürlich auch, um einen kleinen Independent Verlag zu unterstützen, der mit einer Anthologie ein ziemliches Risiko eingeht.
Oder so ;-)
Zur Sache: Meine Geschichte nennt sich Das Haus der untergehenden Sonne, wird unter meinem Autoren-Ich John Aysa veröffentlicht und ist eine Homage an gewisse Filme, die man auf deppendeutsch übersetzt "Böse tot" nennen könnte ;-) Entsprechend wüst geht es in meiner Geschichte auch zu. Mit viel Gewalt und Obszönitäten. Klassisch eben.
Ich habe auch ein paar der anderen Texte gelesen - nicht alle, weil ich das Buch ja erstmal Händen halten will, bevor ich es von hinten bis vorne lese - und wow! Da geht es insgesamt kräftig zur Sache. Mal grausig, mal bitterböse, gewitzt ... einfach so bunt und laut und deftig.
Man kann wirklich von einem Referenzwerk des aktuellen deutschsprachigen Horror reden (sag ich mal so - aber das ist halt auch Geschmackssache).

Und noch so kurz eine private Anmerkung - Doc Nachtstrom ist ein sehr feiner Herausgeber :-)

Also, wer mal knapp zwei Dutzend deutsche Horrorschreiber erleben will, die auf 440 fetten Seiten die Sau rauslassen, hier ist eure Chance. Greift zu.

Danke für euer Interesse.

Mittwoch, 12. Juni 2013

Prinzessin

Prinzessin ist der Titel meines neuen Romans - ein postapokalyptischer Splatterroman mit viel Sex. Ich habe das Buch mitsamt dem Cover -> hier angekündigt und das schon für Mitte Mai. Das Buch ist noch nicht da - also, was ist geschehen?

Der Roman war eigentlich für Self-Publishing vorgesehen. Ich habe beim Schreiben etwas länger gebraucht und die Lektorin hat noch länger gebraucht als ursprünglich erwartet und so ist der Termin letztlich nicht mehr zu halten gewesen.
Neue Wendung: Das Buch geht doch an einen Verlag. Der Verleger hat den Roman zu lesen begonnen und ein paar Dinge gefunden, die seiner Meinung nach geändert gehören Und das wären - Austrozismen! Worte und Formulierungen, die nördlich von Bayern nicht gebräuchlich sind. Dabei hat meine Lektorin schon einen Stapel sehr wenig verbreiteter Begriffe rausgestrichen.

Aber der Verleger arbeitet auch als Übersetzer für große deutsche Verlage und der sieht diese Formulierungen und Ausdrücke natürlich mit anderen Augen. Also wird er das schon korrigierte Manuskript durchgehen und nochmal nachbearbeiten - ob ich diese Änderungsvorschläge letztlich annehme oder nicht, ist dann meine Sache. Aber Vernunft und Pragmatismus sind da natürlich angebracht und he - ich lerne dabei wieder was. 

Darum lässt die gute Prinzessin auf sich warten. Sicher nicht allzu lange, weil es in unser beider Interesse liegt, das Ding fertig zu haben. Aber postapokalyptische Perversionen mit sprachlichem Lokalkolorit - das ist ein tatsächlich eher ein Minderheitenprogramm.

Und jetzt brauch i a Eitrige mit an Buckl und a 16er Blech. ;-)

Dienstag, 4. Juni 2013

Verlage, Fans, Vergangenes

Einen großen Teil des ersten Jahrzehnts der 2000er Jahre habe ich in einer Buchhandlung verbracht und mich dort – neben ein paar anderen Abteilungen – hauptsächlich um Horror, Science Fiction und Fantasy (und Erotik) gekümmert (nun, ich habe auch viele Jahre davor im Buchhandel verbracht, rund das Viertel eines Jahrhunderts, ach du Scheiße).

Ich habe diese Genres schon immer geliebt und in jeder Buchhandlung, in der ich gearbeitet habe, dort entsprechende Abteilungen eingerichtet und aufgebaut.

Es war stets faszinierend zu beobachten, was funktioniert hat und was nicht. Natürlich auch in der allgemeinen Literatur, auch wenn man von Dingen wie dem alljährlichen Coelho Krätze bekommen hat. Aber wir reden hier von Horror, Phantastik allgemein.

Kurzes Beispiel dessen, was für mich nie so richtig funktioniert hat. Der Blitz Verlag. War allgemein bekannt, hatte auch ein gutes Programm, sehr viele Sammlerausgaben im Angebot, diverse Reihen, hat sich also richtig Mühe gemacht. Aber so wirklich hat sich das Programm nie durchgesetzt. Wann immer ich konnte, habe ich eine deutlich sichtbare Auswahl des Programms geführt, durfte gelegentlich sogar Schaufenster mit meinem Lieblingsstoff vollräumen. Aber Blitz hat nie so wirklich befriedigt. Viel zu viele Bücher sind abgewertet und verramscht worden, weil unverkäuflich und nicht mehr zu remittieren. Vereinzelte Titel sind ganz gut gelaufen, Autoren, die in der Edition Metzengerstein rauskamen.

Diese Edition – das kann man bei den meisten Fans von Horrorliteratur voraussetzen – wurde von einem gewissen Frank Festa betreut. Wer? Ja genau, der Typ vom FestaVerlag. Faszinierend war es auf jeden Fall, das Programm des Festa Verlags auf Lager zu haben – es funktionierte nämlich prächtig und bescherte mir eine Anzahl von Kunden, die ich eigentlich in dieser Treue nur von der erotischen Literatur her kannte – ha ha ha – Stammkunden und Fans des Programms.

Heyne funktionierte soo gut wie immer (ich klammere da mal die Periode aus, in der sich der Verlag im Besitz von Ullstein befand), Bastei war sehr titelabhängig und hatte es eigentlich nie geschafft, die Breite von z.B. Heyne zu erlangen. Blitz war ok, aber nicht weltbewegend, aber Festa … der Verlag hat eingeschlagen. Der erste Laymon, ein Fritz Leiber, Gustav Meyrink, etc., Bände aus »Lovecrafts Bibliothek des Schreckens«. Festa hat den Sammlerinstinkt geweckt – und das nicht nur bei mir.

Diese Bücher haben schnell wiederkehrende Leser gefunden, die darauf aus waren, Bücher dieses Verlags zu erwerben. Ich erinnere mich an einen ganz bestimmten Kunden, der wirklich beinahe wöchentlich kam, um zu schauen, sich über diverse Bücher zu unterhalten, auf Titel von Ewers und andere Klassiker zu warten und sich dann zu freuen, wenn sie im Regal standen und er eins nehmen konnte. Er war ein sehr netter, ruhiger Mann mit einer grauenhaften Vokuhila Frisur, gefönt, gefärbt, aber einem großen Genrewissen. Er ist nach einigen Jahren schwer krank geworden und gestorben.

Festa hat im Vergleich zu so manch anderen Verlagen tadellos funktioniert und ich hatte stets einen beträchtlichen Teil des Programms auf Lager. Zumindest in Österreich waren der Vertrieb und der Vertreter des Verlages zwar unter jeder Kanone und eher auf der ahnungslosen Seite, aber das hat zumindest für mich keine Rolle gespielt, weil ich ja wusste, was ich brauchte.

Festa hatte von Anfang an treue Leser, die bewusst nach dem Programm suchten. Die Hardcover Bibliothek war zwar nicht der Renner, aber sie ging solide (Andreas Gruber machte sich ganz gut, aber das war vielleicht lokal bedingt, er wohnt in der Nähe von Wien), von den Taschenbüchern und Paperbacks braucht man gar nicht reden, das waren zum Teil Selbstläufer – natürlich auch mit den üblichen Flops, wie sie jeder Verlag im Programm hat.

Festa hat sich, die eine Panne hier, die andere Katastrophe da, ziemlich gemausert und wuchs von einem kleinen Verlag, der rasch ein Stammpublikum gewann, zu einer Institution heran. Man mag das Programm mögen – so wie ich (bin gerade mit John Everson: Ligeia fertiggeworden, Rezension in ein paar Tagen auf meiner Website – nur kurz: saugeiles Buch! Buchstäblich!), oder man macht einen Bogen drumherum.

Aber man muss dem Verleger auf alle Fälle zugestehen, ein außergewöhnliches Gespür für Titel zu haben und über begnadetes Wissen bezüglich dieser Literatursparte zu verfügen – ein Fan und ein Irrer zu sein, anders geht das wohl nicht. Wenn ich irgendwas in den Buchhandlungen beobachten konnte, dann folgendes: Leser, die auch nur einen Hauch mehr Ahnung von Horrorliteratur hatten, spürten sehr schnell, was gut war und wo ein Verlag auf einen Hit aufsprang, um abzucashen. Und wenn man Festa eines nie vorwerfen konnte, dann ein Verlag zu sein, der Trends nachjagte, um Kohle zu machen. Es ist sicherlich der mühsamere und risikoreichere Weg, aber wenn es funktioniert, dann zahlt es sich aus und dann wird man von Seiten der Leser belohnt.

Und von den Autoren, die uns Frank Festa beschert hat und die keiner von uns mehr missen will, wollen wir gleich gar nicht anfangen – Bryan Smith, Edward Lee, Brett McBean, … und so weiter. Von der Entdeckung Richard Laymons brauchen wir gar nicht erst anfangen. Und die Pflege von Klassikern wie Clark Asthon Smith oder Robert E. Howard kann gar nicht genug geschätzt werden.

Dieses Kunststück, das Festa zustande brachte, gelang in kleinerem Rahmen einem winzigen österreichischen Verlag ebenfalls, der in der Nähe von Graz beheimatet war: Eingedeutscht hieß der Verlag "Anderwelt". Dessen Verleger, Michael Krug, Übersetzer von Genreliteratur, Thrillern und anderem Suchtstoff, machte sich daran, seine eigenen Vorlieben in Verlagsform zu bringen. Michael Krug – ihn kenne ich im Gegensatz zu Frank Festa persönlich und schätze ihn als sehr ruhigen, höflichen und sehr ehrlichen Menschen mit Handschlagqualität – hatte und hat ebenfalls ein erstaunliches Gespür für Autoren. Frank Festa kenne ich nur über schriftliche Konversation – auch sehr direkt, sehr höflich, und ein Freak (Himmel, der Mann hat vermutlich mehr über Phantastik vergessen, als wir Normalsterblichen je wissen werden – beneidenswert).

Als ich die ersten Bücher seines Verlags neben Heyne und Festa in meine Horrorabteilung quetschte, vollkommen ahnungslos, was zum Teufel das für ein Verlag war, den mir die rührige Vertreterin da vorgestellt hatte (die gute Frau war viel besser drauf als der sehr freundliche, aber in Sachen Genre vollkommen unbeleckte Herr der Auslieferung des Festa Verlags).

"Anderwelt" überraschte mich, gleich zu Beginn mit einem echten Bestseller – unmöglich dick, Hardcover, damit etwas teurer, aber … Brian Keene! Volltreffer des winzigen Verlags. Das Reich der Siqqusim verkaufte sich wie Sau – für einen Hardcover Horroroman. Mehr als nur einmal habe ich leicht variiert den Sager »geil, Brian Keene auf deutsch« gehört.

Ab dem Moment war auch "Anderwelt" ein Verlag, der seine Stammkunden hatte – in kleinerem Ausmaß, weil ein kleinerer Verlag, aber in den Relationen genauso beliebt. Auch Scott Sigler, der auch in unseren Breitengraden eine Fangemeinde hat, eine Entdeckung von Michael Krug. Nehmen wir Ronald Malfi dazu, Jeff Strand und keinesfalls zu vergessen David Moody.

Im Unterschied zu Festa, der sich am Versuch der Science Fiction überhob – trotzt einer hervorragenden Auswahl an Autoren wie Dan Simmons, Nancy Kress, John Barnes und anderen, war Michael Krug der Fantasy zugeneigt und bot neben ein paar alteingesessenen Autoren auch Leuten wie Robin Gates und Stephan Bellem eine Publikationsmöglichkeit.

Michael Krug hatte wie Frank Festa auch seine dunkle Stunde – er ging eine Kooperation mit einem ehemaligen größeren österr. Verlag ein. Diese Kooperation beschädigte durch Verwässerung des Programms letztendlich den Namen, machte ihn unbenutzbar und killte den Verlag.

Michael Krug kommt allerdings zurück. Mit neuem Namen – schlicht und ergreifen mkrug verlag – mit kleinerem Programm und einigen Gustostücken, die er behalten hat, dazu neue Leckerbissen. Ende Juni wird eine neue Website stehen und ein Programm für den kommenden Herbst – und vielleicht schon für das nächste Frühjahr präsentieren. Print und eBook.

Was haben jetzt Frank Festa und Michael Krug gemeinsam? Beide sind Genrefans. Beide sind innovative Verleger, die nach neuen Autoren suchen und verlegen, was sie persönlich gerne lesen. Beide haben für einige Autoren, die wir als selbstverständlich ansehen, den Weg geebnet. Beide haben Autoren an große Verlage verloren. Laymon wurde zum größten Teil von Heyne abgegriffen, Keene und Sigler wurden von Heyne aufgekauft, auch Malfi ging zuerst an Heyne. Keene wurde jetzt wiederum von Festa aufgenommen, was irgendwie nach Ironie riecht.

Beide Verleger haben eine bewegte Geschichte hinter sich und beide können sich an die Fahne heften, Entdecker und Pioniere zu sein. Festa und Krug haben Autoren für die deutschsprachige Leserschaft entdeckt, die für uns heute zum Standard gehören – diesen Riecher und den Mut, das Risiko einzugehen, das kann ihnen niemand mehr nehmen.

Bla bla, kann ich jetzt hören. Und was ist mit anderen Verlagen? Was ist mit Atlantis? Was ist vor allem mit Michael Preissl (Freak und Fan und netter Kerl) und Voodoo Press? Mit Peter Hiess (totaler Freak und sympathischer Wahnsinniger) und Evolver Books?

Ganz einfach: Festa und "Anderwelt" habe ich als Sortimentsleiter als bemerkenswert empfunden, mit den Verlagen hatte als Buchhändler mehr zu tun. Mit Blitz zum Beispiel weniger, andere kleinere Verlage haben – leider – so gut wie keine Rolle gespielt. Voodoo Press und Evolver Books sind in Erscheinung getreten, als ich meinen Abgang aus dem Buchhandel gemacht habe, und darum finden sie hier auch nur als Randnotizen Erwähnung. Meine Meinung zu den Büchern dieser Verlage kann jeder auf meiner Website nachlesen, wenn er sich die Rezensionen ansieht.

Das ist jetzt mir persönlich sehr wichtig: Trotz meiner persönlichen Wertschätzung für Michael Krug und meiner Achtung vor der Instituion Frank Festa habe ich nie eine Rezension schöngefärbt, um jemandem einen Gefallen zu erweisen.

So eine Scheiße hat keiner von uns dreien nötig und wenn ich irgendeine Lehre aus meinen Beobachtungen ziehen wollte, dann diese: Im Endeffekt lassen sich die wirklich an dem Genre interessierten Leser ohnehin nicht bescheißen. Nenne es, wie du willst, Instinkt, Gespür, Riecher, egal.

Die Leute spüren, ob jemand ehrlich daherkommt oder ihnen Dreck andrehen will. Und weder Frank Festa noch Michael Krug können, wollen und dürfen es sich erlauben, den Grundstock an Lesern, die Hardcore Basis zu verarschen. Dazu sind außerdem beide selbst viel zu sehr Fan und Profi. Und ich? Ich bin Fan. Ich lese den Scheiß. Ich schreibe den Scheiß. Ich liebe den Scheiß und darum rezensiere ich den Scheiß, freue mich daran, meckere darüber. Lebenslange Leidenschaft.

Nun gut, so viel zu meinen lückenhaften, persönlichen Erinnerungen. Zum Abschluß die allergrößte, wichtigste Frage: Warum zum Teufel habe ich diesen elendig langen Artikel gerade geschrieben? Ehrliche Antwort: mir war gerade danach. Stimmungssache.