Montag, 24. Juni 2013

Der große Gatsby

Gatsby ist der erste 3D Film, bei dem mir das 3D Kopfschmerzen verursacht hat. Gatsby ist ein Talk-Movie. Viele mehr oder weniger attraktive Menschen bewegen sich gemächlich durch mehr oder weniger hübsche Kulissen und reden mehr oder weniger belanglosen Schrott. Dafür braucht es absolut kein 3D und Gatsby führt eindrucksvoll vor, wie man 3D vollkommen sinnlos, falsch und störend einsetzt. 140 quälende Mintuen lang.

Grundlegend ist es mit dem Film so, dass ein relativ kurzer und konzentrierter Roman, ein moderner Klassiker der Weltliteratur - Der große Gatsby von F. Scott Fitzgerald - in einen überlangen, pompösen, langweiligen und banalen Film verwandelt wurde. Es ist mir die ganze Zeit über ehrlich gesagt scheißegal gewesen, was mit den einzelnen Protagonisten geschieht, was sie reden, was sie bewegt.

Gatsby ist ein sinnloser, hübscher Film mit ein paar künstlerischen Gags, die Buz Luhrmann, der Regisseur, seit wenigsten zwanzig Jahren in immer derselben Form präsentiert. Siehe Romeo und Julia mit Leonardo DiCaprio, siehe Moulin Rouge. Ähnliche Bildgestaltung, ähnlicher Einsatz von Musik, ähnliche Degradierung (zur Belanglosigkeit) von Stoffen mit großem dramatischen Potential als Aufhänger für hübsche Bilder.

Der große Gatsby in dieser Verfilmung ist ein Schnarchnasenfilm. Sehr schön, aber unendlich öde und erweckte in mir zwischendurch mehr als einmal die Lust, Tobey Maguire das blöde Grinsen aus dem Gesicht zu wischen. Zumindest in dem Film hat er keinen anderen Gesichtsausdruck, selbst wenn es in einzelnen Momenten noch so fehl am Platz ist, dieses dämliche Grinsen.

Die ohnehin sehr ausgedünnte, banalisierte Geschichte wird durch das 3D noch weiter in den Hintergrund gerückt, weil die Optik die Kontrolle übernommen hat und sich stolz präsentiert. Wirklich wunderschön, da gibt es nichts zu meckern daran, aber herrje, ein wenig mehr vom Drama wäre ganz nett gewesen. Aber nein, weil das 3D so schick ist, pissen wir selbst in der belanglosesten Szene eine dritte Dimension über das Bild, schwenken dazwischen immer wieder bedeutungsschwer über eine Plakatwand, die mehr an George Orwell als an sonstwas erinnert und lassen den durchaus fähigen Cast in kitschig-kühlen Bildern erstarren, unfähig, irgendeine Emotion zu wecken.

Es hat schon seinen Grund, warum 3D für Actionszenen tauglich ist, für rasante, schnelle Szenen, in denen viel passiert und sich viele Dinge in alle möglichen Richtungen bewegen. In diesem Momenten kann man als Zuseher sein Bewusstsein abdrehen und sich einfach auf das konzentrieren, was man sieht.

Wenn ich mich aber auf Dialog, Mimik, Körpersprache und Details konzentriere, um einer dramatischen Szenen zu folgen, um das Drama in mich aufzunehmen, dann ist 3D wohl die größte nur vorstellbare Störung. Genau diesen Störeffekt führt uns Regisseur Luhrmann gekonnt vor. Über die ganze Filmlänge. Bravo.

Man stelle sich vor, The Straight Story (dieser wunderbare David Lynch Film über den alten Mann, der mit dem Rasenmäher durch zwei US-Bundesstaaten reist, um seinen kranken Bruder zu besuchen), wäre in 3D gedreht worden. Sinnlos. In ganz normalem 2D sehen wir einen Film, in dem noch weniger passiert, noch weniger Drama vor sich geht als in Gatsby. 

Wir verfolgen zwei Stunden lang einen alten Mann, der auf seinem Rasenmäher über die Straßen tuckert, da und dort kampiert, Leuten begegnet, mit ihnen redet, seinen Erinnerungen nachhängt - und diese nur erzählt! Nichtmal das wird uns in Bildern präsentiert, sondern nur in Worten. Und trotzdem - The Straight Story ist der weit bewegendere, ergreifendere, schöner anzusehende, spannendere, packendere Streifen. Er konzentriert sich einfach auf die Geschichte. Punkt.

Gatsby hingegen konzentriert sich rein auf seine Schauwerte. Hier geht Fassade vor Inhalt. Kennt man das Buch nicht, stellt man sich nach Betrachtung des Films die Frage, wie so ein bedeutungsloser, oberflächlicher Scheiß von einem langweiligen Buch auch nur im Ansatz Weltliteratur sein kann. Gatsby als Film zeigt mir nichts von Menschlichkeite, nichts von Schwächen und Stärken, nichts davon, wie Handlungen eines Einzelnen das Leben Dutzender bewegen kann. Oh, ein klein wenig geht es um Kapitalismus, der eher positiv gesehen wird. Dieser Moment der Tiefsinnigkeit - wenn man das mal sehr vorsichtig so ausdrücken will - dauert einige wenige Augenblicke lang. Tja. Aber sonst ist da nichts außer schönen Bildern.

Der große Gatsby ist ein hohler Film, der eindrucksvoll zeigt, wie sinnlos 3D zum Einsatz gebracht werden kann. Hm, das ist ja eigentlich auch nicht schlecht. Nur das wollte ich eigentlich nicht sehen.

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