Freitag, 31. Mai 2013

George R. R. Martin: A Game of Thrones

Ich verzichte darauf, eine Inhaltsangabe zu zitieren und gehe davon aus, dass die halbe Welt ohnehin weiß, worum es bei Game of Thrones geht. Was die andere Hälfte der Welt betrifft – lasst euch darauf ein, ihr habt keine Idee, was für ein grandioses Werk ihr da versäumt :-)

Bis zu diesem Monat habe ich darauf verzichtet die Romane zu lesen, obwohl sie schon seit vielen, vielen Jahren bei mir herumstehen. Als Hardcover, wie sie bei Bantam ab 1996 erschienen sind. Die Titelbilder der ersten drei Ausgaben stellen irgendwie eine Art von milden Spoilern dar. Sie verraten zwar nichts konkretes zum Inhalt, aber sie lassen einen Schwerpunkt erkennen.
George R. R. Martin - A Game of Thrones
Das Lesen wollte ich erst in Angriff nehmen, wenn George R. R. Martin (Website, Blog) – dessen frühere Werke wie z.B. Fiebertraum ich übrigens auch empfehlen kann – mit dem Monster von Zyklus fertig ist. Ich wollte auch darauf verzichten, mir die Serie anzuschauen, die wollte ich erst dann sehen, nachdem ich mit den Büchern fertig war.

Aber es kam anders: Ich musste aus reiner Notwehr umschwenken. Ich lese die Bücher und schaue mir die Serie an – gleichzeitig. Zwei Episoden pro Woche, täglich wenigstens ein paar Seiten. Es war kaum mehr möglich Spoiler zu vermeiden. Überall gab es Inhaltsangaben zu den Episoden, Intgerviews mit Martin und Darstellern, Kritiken zu den Büchern, Entsetzten zu diesem und jenem – ein Albtraum, all das auszublenden. Also Flucht nach vorn und beides in Angriff genommen.

Aber ich lese die englischen Ausgaben und schaue mir die Serie in Englisch an. Auf das Erlebnis der umstrittenen deutschen Neuübersetzung mit ihrer Wut der Eindeutschung verzichte ich. Es gab eine alte Übersetzung der ersten paar (deutschen) Bände, die war diesbezüglich verträglicher.

Der erste Originalroman besteht in der deutschen Übersetzug aus den ersten beiden Büchern – die Neuausgaben sehen recht hübsch aus, immerhin – und umfasst ziemlich genau die erste Staffel der großartigen Serie.

Martins Englisch ist durchwegs elegant und gehoben, was diesen üppigen, vom Format her übergroßen Ziegelstein – das heißt, auf einer Seite findet sich bedeutend mehr Text als bei einem herkömmlichen Hardcover üblich – nicht unbedingt schnell und einfach lesbar macht – aber ein irrsinniges Vergnügen darstellt. Die Titelanzahl, die ich diesen Monat geschafft habe, ist so gering wie seit langem nicht mehr - was den Umfang angeht, da hat sich ganz und gar kein Minus aufgetan.

Die Dialoge sind gewitzt, die verwendete Sprache mischt unbekümmert, aber stets passend eine moderne und eine veraltete Begrifflichkeit und entwickelt so einen Sog, aus dem man nur schwer wieder rauskommt. Es ist nahezu enttäuschend, wenn man das Buch zuschlagen muss, um sich wieder der Realität zu stellen.

Faszinierend, wenn man Serie und Roman unmittelbar miteinander vergleicht, ist der Unterschied, welches Medium auf welche Details die Schwerpunkte legt. So sind Dinge, die in den Episoden eine enorme Dramatik entwickeln, im Buch beinahe beiläufig geschildert und umgekehrt.

Auch der Detailreichtum des Romans ist beeindruckend und wer nur die Serie kennt, beginnt erst über den Roman verschiedene Vorgänge klarer zu sehen beziehungsweise bekommt durch Schilderungen von Gedanken und Handlungen einzelner Personen erst so richtig Klarheit, warum was passiert.

Uff, ist das mühsam, irgendwas zu schildern, ohne für jene Leser, die dieses herausragende Vergnügen der Lektüre noch vor sich haben, einen Spoiler einzubauen. Auch wer die Serie schon gesehen hat, egal, unbedingt die Romane lesen!

Die erste Staffel hält sich noch sehr genau an das Buch, im zweiten Roman, den ich gerade lese, weicht die Serie schon erkennbar ab und muss des enormen Umfangs wegen auf immer mehr Details verzichten. Die Serie wird sich dadurch zwangsläufig immer weiter vom Buch fortentwickeln. Das ist – und das meine ich wirklich so – genial. Auf diese Art bekommt man mehr oder weniger zwei Geschichten aus parallelen Welten präsentiert.

A Game of Thrones zu lesen beansprucht ungefähr die Zeit, die je nach Umfang zwischen zwei und vier durchschnittliche Genrebücher in Beschlag nehmen. A Game of Thrones ist aber auch um einige große Stufen befriedigender und degradiert so manches Fantasybuch zu einem Witz, was die Komplexität von Geschichte und Figuren betrifft.

Um mich zu wiederholen: geniale Lektüre. Spannend, vollgestopft mit Details, blutig, grob, komplex, dicht. Auch wenn er zwischendurch mal in einer Sackgasse gelandet war und Änderungen durchführen musste, wenn es ewig bis zum bisher letzten Band, Nummer fünf, gedauert hat, das spielt keine Rolle. Die Serie ist ein Meisterwerk und der Geist, der diesen Wahnsinn erdacht hat, genial.

Hut ab, GRRM!

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