Kapitel 00
Ein
donnerndes Trompeten erschreckte Mischka. Es knirschte, knallte, die
Türen klappten zu, die Treppen verschwanden im Rumpf und
der Zug setzte sich mit einem Ruck in Bewegung.
Dampf
quoll unter den Wagen hervor. Für Augenblicke verbarg sich
der Bahnhof hinter einer enorm dichten, blütenweißen Nebelwolke,
die so rasch abzog, wie
sie gekommen war. Dabei
nahm sie den Zug mit sich.
Etwas
Neues.
Er
und
der Fremde waren nicht mehr allein.
Auf der anderen Seite
der Trasse, am Behelfssteig mit den Laderampen, standen drei Personen
über die Länge
des Bahnsteigs verteilt. Sie marschierten jetzt auf einen Punkt
gegenüber dem Mann im Staubmantel zu.
...
Großartig.
Er hatte
die Wahl zwischen beschissen,
beschissener
und
total beschissen.
Besser,
er sah zu, dass er dezent und
gemütlich verschwand, in der Hoffnung, als
unwichtig ignoriert zu werden.
»Habt
ihr ein Pferd für mich?«, fragte der Unbekannte.
Die
drei stutzten, dann kicherte einer von ihnen.
Scheiße.
»Wie
es aussieht, haben wir einen Gaul zu wenig«,
lachte er. Seine
Kumpane fielen in das blöde Gelächter ein. Plumpe, aufgesetzte
Belustigung, erzwungen vom Leitbullen, so echt wie
Rosenduft beim Kacken. Obwohl ...
Der
Mann im Staubmantel schien davon nicht beeindruckt.
»Oh
nein«, sagte er. »Ihr habt zwei zu viel.«
Doppelte
Scheiße.
Das
Lachen hörte schlagartig auf.
Absolute
Scheiße.
Die
Sache geriet noch beschissener, als
der Fremde mit einer scheinbar gemächlichen Bewegung den langen
Mantel zurückschob und
Mischka den Gürtel mit Holster sah. Den Haken, der das Wams aus dem
Weg hielt. Er sah, wie die Hand sich auf den mit Perlmutt
beschlagenen Griff der Schusswaffe legte, der Daumen den Verschluss
aufflippte
und
der Neuankömmling die Knarre zog.
Die
Waffe war ein mächtiges
Teil, ein ihm unbekanntes Modell. Aus dem Augenwinkel sah er, wie
die drei Handlanger auseinanderhechteten
und
gleichfalls ihre Pistolen zogen. Das sah übel aus.
Vielleicht
wäre es jetzt an der Zeit, irgendeine
Aktion zu setzen. Aber
er war nicht in der Lage, viel anderes zu tun als
gebannt zu starren, während der Fremde den Abzug des Schießeisens
durchzog.
Er
war unglaublich
schnell.
Die
Knarre furzte.
Was
soll das, fragte sich
Mischka, das antwortende Knallen der gegnerischen Waffen vernehmend.
Anstelle einer Erklärung bekam er einen heftigen Schlag in die
Rippen, der ihn herumschleuderte und
von den Füßen riss.
Verdammter
Mist, ich bin getroffen, dachte er. Dann hörte er erneut das
verdächtig nach Fürzen klingende Geräusch, ehe er zu müde wurde,
irgendetwas zu beachten. Der Schmerz ließ nach, als
der Schlaf ihn zu übermannen begann.
In
einer Schießerei einzuschlafen ist schwachsinnig, ging es ihm durch
den Sinn. Im letzten bewussten Moment stellte sich noch eine
bedeutsame Frage.
Welche
Pferde?
Kapitel
04
Der
Knüppel traf Zack mit brutaler Wucht an der Schädelseite,
zertrümmerte ihm das Jochbein, drückte es nach innen, verschob es.
In
Folge ploppte ihm der Augapfel aus der Höhle, hing am Nervenstrang
die Backe hinunter. Blut und Flüssigkeit flossen aus der Augenhöhle
über die Wange. Er versuchte, einen Schrei auszustoßen.
Noch
ehe einer der Anwesenden darauf reagieren hätte können, hämmerte
der Prügel ein weiteres
Mal
zu, ließ den Schädel am Hinterkopf splittern. Der Kopf wurde nach
vorn gerammt und die Fresse schlug gegen die Tischplatte. Der
Getroffene schnellte zurück, der Knüppel kam ein drittes Mal zum
Einsatz und
drosch dem Mann ins Gesicht.
Zähne
zersplitterten, der Kiefer brach und
die Nase wurde
in einer blutigen Explosion zertrümmert. Zack fiel vom Sessel auf
den Boden. Er war kaum
mehr bei Sinnen, röchelte und
blutete mit schwerem Gehirntrauma. Er zuckte unkontrolliert,
beschmutzte sich.
Zum Glück bekam er von den Schädelverletzungen nicht viel mit.
Er
war außerstande, den gedämpft wahrgenommenen Schmerz zu
artikulieren. Die am Hinterkopf geplatzte und
gerissene Haut entblößte den weißen Schädelknochen. Zwischen den
Splittern lag die Gehirnhaut frei.
Eine
Serie von Hieben brach ihm mit unangenehm durch den Raum schallenden
Knacklauten Beine und
Knie, zermalmte Hüften und
Rippen. Die Prügel zerquetschten die Hoden und
verursachten innere Verletzungen. Zack verlor unwiderruflich das
Bewusstsein.
So
blieb ihm das Erlebnis des letzten Schlages, der ihm den Schädel
endgültig zertrümmerte und
ihn tötete, erspart.
Robert
Der Nirosta war nicht im Ansatz außer Atem, als
er den Knüppel achtlos auf die Leiche fallen ließ. Er winkte mit
einer ungeduldigen Geste einem Lakaien mit Wasserschüssel. Er
reinigte die Hände, rückte den Anzug zurecht und
richtete die Aufmerksamkeit auf die verbliebenen Anwesenden.
...
Die
Männer und Frauen am runden Tisch verharrten in schockiertem
Schweigen. Das lauteste
Geräusch verursachte das aus den Wunden tropfende Blut, das den
teuren Holzboden verunzierte.
...
»Missverständnis,
hä? Soviel zu dieser verdammten Scheißfehleinschätzung«, sagte er
ruhig
und ließ sich auf seinem Platz nieder.
»Hat
sonst noch eines von euch Arschlöchern eine fadenscheinige Ausrede,
warum was nicht geklappt hat?« Schweigen antwortete ihm. Er nickte
zufrieden. Keine Antwort
war auch eine Antwort.
Der
Lakai legte den gereinigten Knüppel vor ihm auf den Tisch und
verschwand lautlos. Ein Teil aus massivem Holz, griffig, poliert und
mit Schichten von widerstandsfähigem Lack überzogen. Handarbeit vom
Feinsten.
»Damit
hätten
wir das geklärt. Kann mir jemand schlüssig erklären, was dort
draußen in der Provinz schiefgegangen ist? Wer ist verantwortlich
und
wer hat es verabsäumt, mich rechtzeitig darüber zu informieren?
Und,
das wäre von Bedeutung, hat einer von euch Pissern eine Idee, wie
man dieses Drama rasch beendet?«
Erneut
antwortete ihm betretenes Schweigen. Im Augenblick fasste niemand den
Mut, ihm eine Antwort zu geben. Der Nirosta deutete ein Kopfschütteln
an, verzog den Mund zu einem humorlosen Lächeln.
»Wozu
leiste ich mir diesen verdammten Aufsichtsrat, kann mir das jemand
erklären? Wofür bezahle ich euch Scheißepisser? Ihr sollt ein Auge
auf unsere Geschäfte haben und
Ordnung halten,
weil ich mich nicht persönlich um jeden Dreck kümmern mag. Das
scheint zuviel verlangt, wie
es aussieht. Ihr wollt es auf die harte Tour, stimmt das? Habe
ich recht?
Nun,
das könnt
ihr haben.«
Er
erhob sich
vom Sessel, stützte die Fäuste auf die Tischplatte.
»Ich
gehe jetzt eine Runde um diesen Tisch, und wenn ich mich niedersetze,
bekomme ich meine Antwort. Andernfalls
schlage
ich wahllos einem von euch den Schädel ein. Ist das verstanden
worden?«
Ohne
auf eine Replik zu warten,
packte er den Schläger
und
ging los.
»Ich
habe keine Ahnung, wovon die Rede ist«, sagte Mackie
genervt.
Der
Knüppel sauste ihm mit brutaler Gewalt in den Rücken. Mackie
schleuderte nach vorn, knallte gegen die Tischkante und fiel zu
Boden, wo er sich erstickt hustend wand.
»Oh
Scheiße«, keuchte er. »Verdammt, das tut weh.«
»Dein
Nichtwissen interessiert mich einen feuchten Dreck, Mackie.
Danach
habe
ich nicht gefragt. Ich will eine Antwort auf meine Frage. Niemand?«
»Eine
dämliche Provinzposse war das«, tönte eine unerwartete Stimme.
Synchron
drehten die Anwesenden ihre Köpfe zu der Frau, die durch die Tür
geschritten kam.
Elegant,
arrogant, mit diabolisch funkelnden Augen. Sie sah großartig,
überlegen und
bedrohlich aus. Aggressiv.
»Eine
Posse?«
»Genau«,
bekräftigte Ilsa mit schmalem
Lächeln...
Kapitel
11
Das
Killerkommando bestand aus vier Männern.
Circe
und
Mischka hatten sich
mit Ordnern voller
Tageszeitungen an einem Tisch niedergelassen und
blätterten eine Sammelmappe nach der anderen durch. Wonach sie
konkret suchten, wussten sie nicht zu sagen.
Sie
hofften auf ein Muster, das sie auf die richtige
Spur lenken würde.
Circe
war der Meinung, dass die geballte Konzentration von Wochen und
Monaten an Nachrichten Informationen zutage fördern konnte,
Zusammenhänge, die sonst
untergingen.
Sie
waren mitten in ihrer Arbeit, als
die Männer in die Bibliothek kamen und
sofort auseinanderstrebten. Circe
kniff die Augen zusammen und
Mischka wirbelte herum, als
er ihren Blick sah.
Er
erfasste, was los war, hechtete über den Tisch und
riss ihn dabei
um. Die ersten Kugeln schlugen in das massive Holz, als
Circe
in Deckung ging.
»Du
hast ein bemerkenswertes Talent, dir Feinde zu machen«,
fluchte sie.
»Das
war mir bisher nicht bekannt.«
Kapitel
12
Er
erlitt beinahe
einen Herzinfarkt, als
eine eiskalte, makellose Messerklinge seine
Eichel berührte. Er keuchte und
versuchte sich zu artikulieren, während die Erektion blitzartig
zusammenfiel, der Penis dabei
das Messer streifte.
Die
Klinge war mörderisch scharf. Fast verlor er vor Angst die Kontrolle
über die Blase.
Die
Furie in Schwarz grinste hämisch.
»Das
war
unhöflich, nicht wahr? Vielleicht
sollte ich mich vorstellen?
Oder
möchten Sie raten, wer ich bin?
Sind
Sie so
klug?«
Er
hatte
die Frau noch nie
gesehen, gehofft, sie niemals
sehen zu müssen. Es war
nicht schwer zu erraten, wer sie war.
Es gab nur
eine kranke
Psychopathin, die sich
derart irre Auftritte erlaubte.
»Ihr
Name ist
Ilsa.«
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