Interessant. Im Horror-Forum gibt es
einen kleinen Thread zu -> diesem Blogeintrag von mir. Darin sieht
mich einer einer der Diskussionsteilnehmer als Festa-Fanboy. Auf die
Idee wäre ich gar nicht gekommen. Ich weiß zwar nicht wirklich, was
ich darauf sagen soll – und eigentlich kann mir das auch ziemlich
egal sein, es lebe die Meinungsfreiheit – aber irgendwie habe ich
Lust, darauf zu antworten. Mal schauen, ich habe nicht die geringste
Idee, was ich schreiben soll, aber ich fange mal an und sehe dann,
was dabei rauskommt.
Der erste Satz ist einfach: Ich bin
kein Fanboy. Mal abgesehen davon, dass das Wort an sich in meinen
Augen ziemlich dämlich ist und mir nur passend erscheint, wenn man
damit jemanden betitelt, der noch in den Teenjahren steckt – also
unter zwanzig Jahre alt ist (ein Boy bin ich auch schon laaange nicht
mehr, vielleicht kindisch, aber das ist was anderes), impliziert es
auch einen gewissen Fanatismus und das mag ich schon gar nicht.
Fan ist ein Wort, mit dem ich ein
Problem habe, obwohl gewisse Vorlieben meinerseits durchaus auch als
Fan-Verhalten bezeichnet werden können. Ein besseres Wort ist mir
allerdings auch noch nicht eingefallen. Erstaunlich, wie manche ganz
alltäglichen Begriffe zu einem Reizwort ausarten können. Na gut,
Wortklauberei, ich weiß ;-)
Es gibt einige Bücher von Festa, die
ich nicht so toll finde und das schreibe ich dann auch in der einen
oder anderen Rezension. Ich habe jetzt keine Lust, solche Rezensionen
rauszusuchen, das lenkt mich nur ab. Was ich nicht mache, ist ein
Buch generell in den Kübel zu treten, weil ich die Arbeit des Autors
dahinter sehe, die einfach nicht aufgegangen ist oder den
wirtschaftlichen Druck, der ihn dazu gebracht hat, einen eher
unterdurchschnittlichen Roman zu produzieren, den Druck des
Verlegers, der einen Aufreger und Breitentauglichkeit zugleich wollte
und so weiter, und so weiter.
Ich halte im übrigen, um auf eine
Aussage in diesem Thread einzugehen, Das Schwein von Edward Lee
nicht für eine schlecht geschriebene Wichsvorlage. Es war nicht
sonderlich gut übersetzt, aber das Problem hat nichts mit dem Inhalt
zu tun, den ich auch als bitterböse, höhnische, makabre,
geschmacklose Satire sehe. In vielen Büchern von Lee, die noch nicht
übersetzt sind, schwingt viel Zynismus und extrem galliger Humor
mit, den Lee in totaler Geschmacklosigkeit verpackt. Das ist sein
Stil und einfach seine Art, Dinge zum Thema zu machen, die ihn gerade
bewegen.
Was ich an Festa konkret schätze, ist
schnell gesagt: Er hat von Anfang an Bücher veröffentlicht, die
mich angesprochen haben. Nicht immer und nicht alle, aber die
Mehrzahl. Wie ich es schon mal geschildert habe – in eben jenem vom
Horror-Forum aufgegriffenen Beitrag, siehe den Link oben – hat sein Programm auch
ziemlich schnell Anklang beim Publikum gefunden.
Ich mag diese »Tabubrecher« Romane
einfach, weil sie ungeniert sind, radikal und drastisch. Das sind
Dinge, die mich schon mein ganzes Leben lang bei der Auswahl meiner
Lektüre beeinflussen. Auf seine Art war das früher z.B. Marc Behm,
ein französischer Thrillerautor, den man heute als eher sehr sanft
sehen würde. David Goodis gehörte auf seine Art natürlich ebenso dazu wie der König der Tristesse, Robin Cook. Und noch viele andere.
Als ich Friedhof der Kuscheltiere von
Stephen King gelesen habe, gleich in den ersten Tagen seines Erscheinens, da war ich bedeutend jünger und habe mich beim Lesen halb angeschissen vor
Angst. Und hatte danach eine Riesenfreude, dass es ein Buch geschafft
hatte, mich derart aufzuwühlen. Ich bin begeistert in der Wohnung herumgerast und habe versucht, meine Freude daran meinen Eltern kundzutun, denen leider jeglicher Bezug zu Horrorgeschichten fehlte.
Das erste Bucher des Blutes von Clive
Barker? Heilige Scheiße, das ist mir eingefahren. Diese wüste
Mischung aus Grausen und Erotik. Ich habe dann alle Bände verschlungen. Dass es Bücher gab, die solch
ungeheuerliche Dinge erzählten, das hat mich in den Bann geschlagen
und dieser Bann ist bis heute nicht gewichen.
Stephen King heute … nun ja, er ist
sanfter und älter geworden, ich bin älter geworden, ich liebe ihn
immer noch. Ich liebe auch Clive Barker noch. Aber der rabiate Kick,
der kommt von Edward Lee. Der kommt von Bryan Smith, von Wrath James
White und wie sie alle heißen. Brian Keene ist für mich ein
großartiger Erzähler mit guten Geschichten und Charakteren, mit denen man sich identifizieren kann. Keene ist noch dazu spannend und geradezu altmodisch in seiner klassischen Erzählweise. Ich mag dieses Urgestein sehr gerne - es lebe die Altersgleichheit ;-).
Wenn also all diese Autoren, die mir
einen Kick verpassen, bei Festa erscheinen, tja, dann wird es wohl
einen Grund haben, dass ich so viele Bücher des Verlags lese. Und
wenn ich – auch von meiner beruflichen Vergangenheit beeinflusst –
sehe, wie sich dieser Verleger ins Zeug legt, um würdige
Werkausgaben von einem Robert E. Howard oder einem Clark Ashton Smith
zu fabrizieren, dann bewundere ich diese Arbeit einfach, die sich –
keine Ahnung, ob das stimmt – vermutlich gerade mal als
Nullsummenspiel ausgeht. Vielleicht wirft
das eBook die nötige Spanne ab, was weiß ich.
Festa hat es anders auch probiert. Mit
Autoren wie Thomas Ligotti. Mit Horror von Dan Simmons [nicht die drei Joe Kurtz Thriller - übrigens auch steile Bücher - ätsch ;-)], mit Science
Fiction, mit wirklich bemerkenswerten, ungewöhnlichen, teils sehr literarischen Titeln. Mit S. P. Somtow. Alles gute
Geschichtenerzähler.
Was hat es Lob für seine Auswahl gegeben und
was ist unterm Strich dabei rausgekommen? Ein finanzieller Genickbruch, weil die Käufer nicht mitgezogen sind. Jetzt hat
seine Schiene gefunden, sein Alleinstellungsmerkmal. Das sind die
radikalen Bücher, die sehr schön aufgemacht sind, wertig, und mehr Klasse
haben als z.B. entsprechende Heyne-Cover. Das funktioniert für ihn,
das muss für ihn funktionieren, weil er davon abhängig ist, das
funktioniert für mich als Leser. Seine Experimente haben bedauerlicherweise nur zum
Teil funktioniert, warum also sollte er jetzt seine Einzigartigkeit
aufgeben?
Kurzer Einschub: Wer sich noch an die
unsäglich gekürzten Taschenbücher aus dem Pabel Verlag erinnert,
die blauen Fantasy-Titel, die lila-rote Vampir-Horror-Reihe, der weiß, wie
enorm der Qualitätssprung nach oben ist bei z.B. Robert E. Howard.
Mir hat einmal ein ehemaliger Übersetzer des Pabel-Verlags gesagt,
Vorgabe jeder Übersetzung waren rund 120 Seiten Umfang. Ganz egal,
wie dick das Original war. Tja. Das hat auch Heyne in seinen frühen
Jahren gemacht [man vergleiche die Triffids Übersetzung von 1969 mit der vom letzten Jahr], das war bei
den Romanheften sogar noch schlimmer, die alles auf rund 60 Seiten runtergekürzt haben.
Ich mag diese durchgeknallten, rabiaten
Bücher einfach. Ich mag bizarre, versponnene Werke – Carlton
Mellick III ist in meinen Augen genial. Nicht alle Titel sind top, eh
klar, aber für mich stehen letzendlich der Unterhaltungswert und die
Ideen an erster Stelle. Perfekter Stil – ja toll, und? Den hat
Thomas Mann. Öh, gähn.
Natürlich mag ich nicht nur diese
rabiaten Titel. Ich mag auch die weniger eingeweidewerfenden
Horror-Titel sehr gern. Ich mag auch Thriller und Non-Genre Bücher,
die das gewisse Etwas haben. So sehe ich Hundert Jahre Einsamkeit als
Meisterwerk an, oder Der Name der Rose, oder einige Werke von T.C.Boyle [America, World's End, Willkommen in Wellville u.a.], von Paul Auster, Christopher Moore … von den Fantasy u.
Science Fiction Autoren, die ich schätze, ganz zu schweigen. Neal
Stephenson? Ich finde ihn großartig. Alastair Reynolds? Toll. William
Gibson? Super. Joe R. Lansdale, herrlich. Brandon Sanderson? Episch.
George R. R. Martin? Meisterhaft.
Das kann ich noch eine Weile so
weitermachen, weil ich episch, bombastische, clevere, witzige, böse,
usw., usw., Geschichtenerzähler einfach liebe.
Aber wenn mir zwischendurch nach
schnellem, geilen Schweinekram ist, dann werde ich bei Festa bestens
bedient. Ich liebe schnellen, geilen Schweinekram. Der geile
Schweinekram hat micht mein ganzes Leben lang entspannt. George R. R. Martin ist ein Meistererzähler - aber er braucht Ausdauer, Konzentration und viel Zeit [zumindest in Englisch ist das so]. Schneller Kick ist das nicht. George R. R.Martin ist episches wow. Schneller Kick ist Brett McBean. Schneller Kick ist Bryan Smith.
Mir haben diese Bücher dabei geholfen,
Stress, Ärger, Frust, Zorn und sonstige Unbillen, die einem Menschen
im Laufe eines beschissenen Tages begegnen können, abzubauen und in
die richige Perspektive zu rücken – in die Bedeutungslosigkeit am
Ende des Tages.
Die Horror-Literatur war – um jetzt
einen etwas überspannten Begriff zu benutzen – für mich stets
eine Katharsis, eine Reinigung meines Ich von den destruktiven
Emotionen eines Tages. Oder, an guten Tagen, ein kreativ erbauliches
Vergnügen. Das sind Eigenschaften, die man an Büchern nicht hoch
genug schätzen kann und darum lese ich sie bis heute mit großer
Freude.
Was dem einen sein Karl May ist, ist
dem anderen sein Edward Lee. Ein Ventil, eine Ersatzbefriedigung,
Spannung im langweiligen Trott des Alltags, was auch immer.
Jetzt ist genau das passiert, was
anzunehmen war. Ich habe mich verzettelt. Dabei wollte ich eigentlich
nur auf den Fan-Boy Ansager reagieren, der eigentlich sogar
verständlich sein könnte. Schließlich sind der Betreffende und ich
uns unbekannt und was weiß er schon, wie ich ticke, oder warum ich
was lese.
Apropos Brian Keene: wer EineVersammlung von Krähen genauer inspiziert, wird als Übersetzer
Michael Krug entdecken. Genau jenen Michael Krug, der Keene einst als Erster* bei Otherworld rausgebracht hat (Im Reich der Siqqusim),
der Brian Keene dann an Heyne verloren hat, wo man offensichtlich
nichts mit ihm anzufangen wusste und der jetzt bei Festa erscheint.
Kreislauf des Lebens ;-). Das ist Michael Krug übrigens auch bei
Scott Sigler passiert – auch der wurde von Heyne aufgekauft,
genauso wie Frank Festa mehr oder weniger fast das Gesamtwerk von
Richard Laymon an Heyne verloren hat.
Auch darum mag ich Verlage wie mkrug
oder Festa: Weil sie sich die Mühe machen, Neues zu entdecken. Das
ihnen dann oft genug weggekauft wird. Mit der Finanzkraft von
Verlagen wie Heyne können die dann einfach nicht mit. Aber das ist
das Plus, das die Kleinverlage haben. Sie sind flexibler und, im
Falle von Festa oder Krug, besser im Auffinden von neuen,
vielversprechenden Autoren. (auch auf die Gefahr hin, mich zu
wiederholen, weil auch das in dem betroffenen Blogeintrag steht –
das sind nur zwei von vielen Kleinverlagen, aber zu denen habe ich
einfach einen langjährigen Bezug.)
Festa zaubert einen interessanten Autor
nach dem anderen aus dem Hut (und da kommt noch ein großer Name auf
uns zu ;-)). Michael Krug hat zwar Brian Keene nicht mehr in seinem
Verlag, aber er wird sicher das eine oder andere nette Büchlein
entdecken – was ihm, meinen Geschmack betreffend, mit dem Zombie-Zyklus von David Moody, oder zuletzt mit Feuerdämon
(wüste Hexen-Action) und Ex-Helden (merkwürdige Superhelden
gegen Zombies) ohnehin schon gelungen ist.
So, worum ging es eigentlich zu Beginn?
;-)
Update 10.07.2013: Michael Preissl hat mich - danke übrigens - darauf hingewiesen, dass es bei Eloy Edictions ebenfalls einen Brian Keene gibt - einen Erzählband. Dieses Büchlein, das mir bis zu diesem Hinweis vollkommen unbekannt war, ist allem Anschein nach wenige Monate vor dem Siqqusim Band von Michael Krug erschienen.
Die Eloy Edictions Site wird übrigens bei mir bedauerlicherweise von Google mit einer Malware-Warnung geblockt, deshalb verlinke ich sicherheitshalber nicht darauf. Der Screenshot dieser Warnung:
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen